Mikrobiologie
10. 02. 2021

Änderung der Interpretationskriterien für die Empfindlichkeitsprüfung gemäß EUCAST 2019

Sehr geehrte Frau Kollegin!
Sehr geehrter Herr Kollege!

Das European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EUCAST) hat mit Beginn 2019 die Interpretationskriterien für die Empfindlichkeitsprüfung von Bakterien neu definiert. Diese Kriterien dienen dazu die Ergebnisse der Testung im Labor in eine klinisch relevante Aussage zu übersetzen und Mikroorganismen als mit einem bestimmten Wirkstoff behandelbar oder nicht-behandelbar auszuweisen.

Bisher galt folgendes:

S = Sensibel
I = Intermediär
R = Resistent

Vor allem der Begriff „intermediär“ war bislang nicht wirklich klar definiert, denn die Klassifikation als „intermediär“ konnte verschiedene Gründe haben und z.B. auf eine antimikrobielle Aktivität mit unsicherem therapeutischem Effekt oder die Notwendigkeit der Anwendung einer hohen Dosierung hinweisen. Der Bereich „intermediär“ wurde aber auch als Pufferzone zwischen S und R genutzt, um aufgrund messtechnischer Ungenauigkeiten eine Fehlklassifikationen zu vermeiden.
In der Praxis wurden daher Antibiotika mit dem Testergebnis „intermediär“ in der Therapie allenfalls in speziellen Situationen (z.B. bei multiresistenten Erregern) eingesetzt.

Ab 2019 gelten nun die folgenden besser definierten Kriterien:

S = Sensibel bei Standard-Dosierung (susceptible, standard dosing regimen); hohe Wahrscheinlichkeit eines klinischen Erfolges bei Anwendung der Standard-Dosierung.

I = Sensibel bei erhöhter Exposition (susceptible, increased exposure); hohe Wahrscheinlichkeit eines klinischen Erfolges bei erhöhter Exposition des Keimes gegenüber dem betreffenden Antibiotikum durch Anpassung der Dosierung oder Verabreichungsart (z.B. iv statt oral) oder aufgrund hoher Wirkstoffspiegel am Infektionsort (Konzentration eines Wirkstoffes z.B. im Harn, in der Galle oder im lymphatischen Gewebe).

R = Resistent; hohe Wahrscheinlichkeit eines Therapieversagens selbst bei erhöhter Exposition.

Somit beziehen sich nun alle drei klinischen Bewertungskriterien ausschließlich auf die Exposition des Erregers gegenüber dem getesteten Wirkstoff.
Die Exposition hängt von der Art der Verabreichung, der Dosis, dem Dosierungsintervall, der Infusionsdauer eines Wirkstoffes und von pharmakokinetischen Parametern wie der Gewebeverteilung, der Ausscheidung und dem Metabolismus ab, welche die Spiegel am Infektionsort und damit die Wirkung auf den Erreger beeinflussen.

Die mit den Kategorien S, I und R verknüpften Dosierungen (Standard-Dosis, hohe Dosierung und Hinweis auf spezielle Situationen) sind unter folgendem Link sehr übersichtlich dargestellt: http://www.eucast.org/fileadmin/src/media/PDFs/EUCAST_files/Breakpoint_tables/Dosages_EUCAST_Breakpoint_Tables_v_9.0.pdf

Die Dosierungsangaben in diesen Tabellen sind als Ergebnis eines über Jahre geführten Konsultationsprozesses entstanden und international gültig. EUCAST weist ausdrücklich darauf hin, dass bei anderen als in den Tabellen angegebenen Antibiotika-Regimen die Bewertungskriterien nicht zutreffen könnten.

Auf unseren Befunden werden die Bezeichnungen S, I und R beibehalten und deren geänderte Bedeutung in der Fußnote zum Antibiogramm erklärt.

Angaben zur Dosierung und Verabreichungsform, welche der Klassifikation zugrunde liegen, können aufgrund des Umfangs nicht auf den Befunden mitgeteilt werden. Diese sind bitte der zuvor zitierten Tabelle zu entnehmen.

Für gegebenenfalls auftretende Fragen oder weiterführende Erläuterungen stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung!

Mit kollegialen Grüßen

Ihr Labors.at Facharztteam